Biomaterialien sind wesentlich für die Nachahmung der natürlichen Zellumgebung oder zur Erschaffung biologischer Oberflächen mit zusätzlichen Funktionen. Sie beinhalten eine Vielzahl an unterschiedlichen Substraten, wie synthetische, natürliche und hybride Materialien.
Ein Verfahren zur Produktion biologischer extrazellulärer Matrizen (ECM) ist die Dezellularisierung von Gewebe. Die daraus resultierenden dezellularisierten ECMs (dECMs) enthalten einen Großteil der biologischen Informationen (Architektur, Proteinzusammensetzung, Struktur) funktioneller Gewebe, die eine wichtige Rolle bei der Ausprägung und Aufrechterhaltung zellulärer Funktionen spielen. Die Erhaltung physiologischer Parameter macht dECMs zu geeigneten Trägerstrukturen für den Aufbau zellulärer In-vitro-Testsysteme. Die Verwendung von dECMs aus dem Darm von Schweinen (SISser und SISmuc, submuköse Serosa und Mukosa des Dünndarms) ermöglicht beispielsweise die Erstellung von Tumor- und Darmmodellen, die die physiologische Realität viel genau wiedergeben als Modelle auf einfachen Kunststoffmembranen. Für die Herstellung von dECMs wird ein Tierversuch benötigt, um Schweinegewebe zu isolieren. Durch die Verwendung von physiologischen Modellen können jedoch robuste Erkenntnisse gewonnen werden, die ansonsten zahlreiche Tierversuche erfordern würden.
Im Bestreben, Tierversuche in der Forschung zu reduzieren, setzen wir einen Schwerpunkt auf die Entwicklung von biologisierten, synthetischen Materialien. Als Grundlage dienen organische Materialien, welche auf verschiedene Weise strukturiert werden. Durch Zugabe von biologischen Komponenten wie Proteingemischen oder Peptidketten werden die synthetischen Matrizen anschließend biologisiert und dienen als zellulare Anknüpfungspunkte, um den Anforderungen der Zellen gerecht zu werden. Durch dieses Verfahren können elektrogesponnene Faserschichten auf Polycaprolacton-Basis verwendet werden, um ein mehrschichtiges Hautmodell zu erstellen. Dies bietet eine tierversuchsfreie Alternative zu kollagenbasierten Hautmodellen. Weitere Projekte konzentrieren sich auf die Herstellung von synthetischen Hydrogelen und festen Matrixstrukturen, um die Palette der tierversuchsfreien Alternativen zu tierbasierten biologischen ECMs kontinuierlich zu erweitern. Diese Ansätze stimmen mit den vorhandenen Arbeiten überein.
Bilder: © Fraunhofer ISC
Bilder eines synthetischen Faservlies, hergestellt mittels Elektrospinning. Die Faservliese dienen als Grundlage zum Aufbau von Zellkulturmodellen mit Barrierefunktion. Die Abbildungen zeigen ein Beispiel für ein Hautmodell (Originalabbildung aus Weigel et al., Advanced Materials, 2022, verändert dargestellt).